Freitag, 2. Juni 2017

Body Doubles

Eine Klasse des Gestalterischen Vorkurses für Jugendliche der Schule für Gestaltung in St. Gallen besuchte im Fach Kunstbetrachtung die Ausstellung «Body Doubles» in der Lokremise. Nach einem gemeinsamen Ausstellungsrundgang mit Führung bekamen die Schülerinnen und Schüler den Auftrag, eine Hommage an ein freigewähltes Werk zu gestalten. In der Wahl der Technik und der Art und Weise der Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk waren die Lernenden frei. So entstanden unterschiedliche Werke wie theoretische Texte, Kurzgeschichten und gestalterische Arbeiten. Eine Auswahl dieser Hommagen ist hier zu sehen.


Hommage 1
zur gesamten Ausstellung BODY DOUBLES




von Lea B. & Nadine G. 



Hommage 2
zu: Franz West, "the first Passstück", 1978/1994




von Janina H. 



Hommage 3
zu: Franz West, "Sieben Säulen", 1989



von Lisa Kim Y.



Hommage 4
zu: Urs Fischer, "Late Night Show", 1997

von Nuria S.


Hommage 5
zu: Franz West, "Iwan (Chaiselongue, bewegliche Skulptur auf Sockel)", 1994


von Michelle E. und Ashanti Z.



Hommage 6
zu: Franz West, "Habitus", 1996




von Pascal R.


Hommage 7
zu: Hans Josephsohn, Ohne Titel (Halbfigur), 1988


von Janik D.

Hommage 8
zu: Franz West, "Passstücke", 1978/1994

Zwangsneurose
Ich schlendere gerade durch das Museum. Flüchtig schaue ich mich durch die Kunstgalerie durch. Gerade will ich meinen Blick von dem für mich zu euphorischen Gemälde abwenden, mein Kopf dreht sich schon zum nächsten Gemälde und da sehe ich es. Ich kann es nicht fassen. Alles in mir fängt an zu kribbeln. Langsam gehe ich auf das Gemälde zu. Ich schau einmal nach links, einmal nach rechts. Nervös halte ich meine Hand nach oben und berühre das Bild leicht, ich umfasse es nun fester, zögerlich bewege ich es ein Stück nach rechts und entferne mich von dem Bild. Gute drei Meter. Es hängt immer noch nicht gerade. Wieder laufe ich auf das Bild zu, verschiebe es noch ein ganz kleines Stückchen nach links. Zwei Meter vor dem Bild mache ich halt und analysiere es nochmal genau. Noch 5 Millimeter nach rechts dann ist es perfekt, denke ich mir und gehe wieder auf das Bild zu. Ein Blick nach rechts und links, verrät mir, dass die Leute mir merkwürdige Blicke zuwerfen. Ich verschiebe das Bild, gehe zurück und schaue es an. Skeptisch durchlöchere ich das Bild sogar. Nur noch das letzte mal, denke ich und versuche mich selber zu beruhigen. Mit dem Gedanken daran das sicher bald Sicherheit Leute auftauchen würden, werfe ich Blicke nach Rechts und links. Schnell laufe ich auf das Gemälde zu, verschiebe es das letzte Mal, bevor die zwei Uniform tragende Männer mich darauf ansprechen können das Bild nicht zu berühren. Mein Körper entspannt sich, meine Nerven sind beruhigt, ein erleichtertes Seufzen entweicht mir. Mit einem Grinsen schaue ich das gerade hängende Bild an, wende meinen Blick davon ab und schlendere weiter durch die Kunstgalerie. Mein Bauch zieht sich schon zusammen, als ich mich umdrehe und das Bild sehe, das sogar noch schräger hängt, als das vorherige.

Angstneurose
Zögernd drücke ich den Knopf, für den Lift. Das Kunstmuseum hat insgesamt 4 Stockwerke, ich wäre zu Fuss gegangen, liebend gerne, doch kann ich nicht. Ich stütze mich auf den nervtötenden Krücken ab um meinen Fuss zu entlasten und warte nervös auf den Lift. Die üblichen, laut meinen Freunden; übertriebenen, Angstgefühle fangen wieder an hoch zu kommen. Ich fasse an meine Brust und versuche meinen Atem zu beruhigen. Das Geräusch, von dem ich wohl, am meisten Angst habe, das ich verabscheue, dass mir einen Schauer durch den Rücken jagt, ertönt für mich vermutlich lauter als für die anderen Menschen. Ping, macht es. Ich erschrecke mich. Die eigentlich unerträglichen schmerzen an meinem Fuss verschwinden schnell aus Angst in den Lift zu steigen. Ich nehme die Krücken zögernd in die Hände, mache einen zögernden Schritt nach dem anderen, die Leute hinter mir fangen an nervös von einem Bein zum anderen zu treten, ich höre ungeduldige Seufzer. Ich reisse mich zusammen und geh entschlossen meine Schritte. Fest drücke ich mich an die Liftwand und presse meine Augen zusammen. Du schaffst das, rede ich mir selber ein. Mein Atem geht alles andere als flach, als sich die Türen schliessen. Panik überkommt mich, der Lift schiesst in die höhe. Schweiss rinnt mir an der Stirn runter, meine Augen werden wässrig, der Lift wird immer enger. Die Leute um mich fragen ob es mir gut geht, doch ich realisiere nichts bis auf die Wände die mich immer mehr zusammen engen. Meinen Körper habe ich nicht mehr im Griff, ich fange an zu schreien, ich will einfach raus. Ich zittere, schlage an die Lifttür, die Leute schauen mich ängstlich an, ich gebe, sacke in mich zusammen meine Augen werden schwer, bevor sie sich ganz schliessen, sehe ich wie ein grelles Licht in die Tür scheint, wie Zeitlupe kommt es mir vor, dass sich die Türen öffnen. Doch es ist zu spät, meine Augen schliessen sich.

Franz West, Passstücke Neurose
Meiner Meinung nach ist es sehr beeindruckend und kompliziert, etwas bildlich darzustellen, dass man mit blossem Auge nicht sehen kann. Franz West, hat mich sehr fasziniert, dass er sich der Aufgabe gewagt hat und die Krankheit Neurose in einer Skulptur fest gehalten hat. Als Betrachter dieser Skulpturen, fühlte ich mich näher zu der Krankheit und konnte sie ein Stück verstehen. Aufgrund dessen, das ich so beeindruckt war, wollte ich mehr über die Krankheit ‘Neurose’ erfahren. Da ich nicht eine Skulptur dazu machen wollte, hatte ich die Idee, dass was ich gesehen habe mit Text zu verbinden. Ich bin auf die Idee gekommen, zwei Texte zu schreiben, mit je einer anderen Neurose Art (Angstneurose, Zwangsneurose.) Ich wollte jedoch nicht das dies einer Dokumentation ähnelt, deshalb dachte ich, ich mache das in einer Art und Weise, wie eine Kurzgeschichte. In diesen zwei Abschnitten wird in der ‘Geschichte’ erklärt wie diese Neurose abläuft. Der Ablauf war sehr simpel, zuerst habe ich Neurosen Arten rausgesucht und Gefiltert, danach habe ich die einzelnen Arten zu recherchieren begonnen und dies dann in eine Kurzgeschichte abgewandelt.

von Lara G.


Hommage 9
zu: Franz West, "Iwan (Chaiselongue, bewegliche Skulptur auf Sockel)", 1994


Als ich das Kunstwerk von Franz West das erste Mal sah, fragte ich mich, wie dieses wohl entstand. Vor allem die verschiedenen Stoffteile, fand ich interessant und stellte mir vor, wer oder was sie vorher getragen/dargestellt haben. Dazu kamen mir viele verschiedene Geschichten in den Sinn. Ich konnte mir gut vorstellen wie eines der Stücke zuvor ein hübsches Kleid einer jungen Frau war oder eine Hose für einen kleinen Jungen.
So entstand meine Idee für dieses Projekt, in dem es um ein Kunstwerk dieser Ausstellung gehen sollte.


Pink
Sicht von Anna-Marie
Zwanzig. Genau Heute wurde ich zwanzig. Ja Geburtstage sind bei mir so eine Sache, es kann schön sein, wenn man Geschenke bekommt und Freunde und Familie zu Besuch kommen. Das grosse Aber ist, dass es einfach ein riesiger Stress ist. Die ganze Wohnung muss geputzt werden, man muss backen und davor natürlich noch alle Zutaten einkaufen, Gastfreundlich sein, sich mit jedem nett unterhalten und als krönenden Abschluss das Ganze wieder aufräumen. Man kann jetzt sagen, ist ja nur ein Tag im Jahr, aber genau an diesem Tag muss mir natürlich ein grosses Missgeschick passieren.
Schon früh Morgens stand meine Mutter vor der Tür, in der Hand trug sie einen grossen Blumenstrauss und ein Geschenk mit gestreiftem Packpapier eingepackt. Mit lauten Glückwünschen, die sicher jeder in diesem Haus hörte, begrüsste sie mich. Ich bin mich daran gewöhnt, jedoch bescherte sie mir in meiner Jugend sehr viele, für mich peinliche Situationen. Kommen wir zurück zu eigentlichen Thema, sie drückte mir das Geschenk in die Hand und sagte mir ich soll es öffnen. Sie selber ging in die Küche und holte eine Vase für die Blumen. Mit grosser Vorfreude öffnete ich das Geschenkpapier und zum Vorschein kam ein knall Pinkes Kleid. Vor lauter Freude fiel ich meiner Mutter um den Hals und dankte ihr vielmals und ja auch mit zwanzig darf man Pink noch mögen.
Da es mir so sehr gefiel zog ich es mir gleich an und gesellte mich zu den Gästen, die nach und nach kamen. Natürlich öffnete ich dabei auch einen sehr guten Rotwein, was im Nachhinein eine schlechte Idee war. Ich sehe es jetzt noch in Zeitlupe vor mir. Ich setzte das Glas an meine Lippen um einen Schluck zu trinken, zur selben Zeit sprang meine Katze, die übrigens sehr süss ist aber ich in diesem Moment einfach hasste, auf meinen Arm. Ich erschrak und mein ganzes Weinglas ergoss sich über mein neues Pinkes Kleid. Man mag jetzt vielleicht denken Weinrot passt zu Pink. Ja mag sein aber man erkennt auch, dass es ein ungewollter, grosser Weinfleck ist. So und jetzt sitze ich hier auf meiner Couch völlig kaputt und trauere meinem pinken Kleid nach…


Grün
Sicht von Manuel
Samstagmorgens steh ich im dicken Nebel vor einem alten Haus. Aber nicht irgendein Haus, nein das Haus von meinem verstorbenen Grosseltern. Früher spielte ich hier fangen mit meinen Geschwistern oder versteckte mich vor meinem Grossvater, dem ich bei der Gartenarbeit helfen sollte. Hier verbrachte ich ein grosser Teil meiner Kindheit. Es strahlte immer Freundlichkeit und Wärme aus, ganz anders wie jetzt, verlassen und kalt. Ein kalter Schauer läuft meinen Rücken hinunter und ich geh ein paar Schritte auf das Haus zu.
Nach dem Tod meiner Grosseltern wollte sich niemand in unserer Familie der Herausforderung stellen, dieses Haus zu räumen und dabei all die Erinnerungen an sie aufzufrischen. Jetzt nach einem Jahr bin ich der Herausforderung gewachsen.  Mit einem etwas mulmigen Gefühl öffne ich die alte und knarrende Tür. Im Inneren des Hauses sieht es immer noch gleich aus. Obwohl alles sehr verstaubt ist und daher überhaupt nicht wie vorher war, da meine Grossmutter ein Putzfimmel hatte, zum leiden von uns Enkelkindern. Bei dieser Erinnerung schleicht sich ein Grinsen auf mein Gesicht, wir ärgerten meine Grossmutter gerne in dem wir Unordnung veranstalteten. Nach dem ich mich im ganze Haus umgesehen habe, stand ich vor der Leiter die zu dem Dachboden führte. Dies war der einzige Ort, wo wir früher nie hin durften. In dem Testament meiner Grosseltern war dann der Schlüssel für den Dachboden und mich interessiert es sehr was sich wohl hinter dieser Tür befindet.
Nervös öffne ich die Tür und trete langsam über die Schwelle. Der ganze Dachboden ist mit alten Kisten und Möbelstücken vollgestellt. Nach etwa einer Stunde finde ich eine Kiste mit Aufschrift Militär . Ich öffne die Kiste und sehe als erstes ein altes Tagebuch und eine alte Militäruniform. So wie es aussieht ist das Tagebuch und die Uniform von meinem Grossvater, der im 2. Weltkrieg an der Schweizer Grenze stehen musste.
Dies und noch vieles mehr erfuhr ich durch das Tagebuch und die schöne alte Uniform in grün und war einerseits glücklich über diese Informationen anderseits auch traurig, da ich nicht persönlich mit meinem Grossvater darüber reden konnte und ihm noch Fragen zu stellen…


neon Gelb
Sicht von Stefanie
Kennt ihr das, wenn der Kleiderschrank so voll ist, dass er bald platzt, ihr aber jeden Morgen davor steht und nichts zu anziehen findet? Genau so geht es mir jeden Morgen und ich bin echt genervt davon. Ich habe deshalb entschlossen die ganzen Klamotten, die ich nicht mehr anziehe, auszusortieren. Naja, leichter gesagt als getan.
Nun steh ich seit knapp einer Stunde vor diesem Schrank und bin bei jedem Kleidungsstück erstaunt, dass ich es noch oder überhaupt besitze. Es kann sein, dass ich viel einkaufen gehe aber das es wirklich so viel ist, war mir nicht bewusst. Ich sortiere vor allem Dinge aus die ich schon lange habe und nicht mehr trage. Mir fiel es aber sichtlich schwer mich von den Klamotten zu trennen.
Ich schaue die wenigen Kleider in meinem Schrank an und freue mich, dass ich es bald geschafft habe. Da kam unter den restlichen Klamotten leuchtende Stoffe zum Vorschein. Etwas irritiert betrachte ich diese und mir fällt ein, was es ist und kann es kaum glauben.
Ihr kennt sicher den Trend von den 80er, als alle in neon farbigen Klamotten rumliefen. Genau solche Teile liegen hier vor mir und ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. Ich hätte nie gedacht, dass ich solche Teile noch besitze. Ich nehme ein neon gelbes Kleidungsstück und erkenne erst jetzt was es ist, und zwar ist es einer dieser Sportbodys, die wie eine zweite Haut anliegen und hochgeschnittene Beinöffnungen haben.
Vor dem Spiegel stehend, mit dem neon gelben Body und den grünen Stülpen und konnte nicht mehr vor Lachen und fragte mich wieso ich das so cool fand. Wild im Zimmer umher tanzend, schwelgte ich in den Erinnerungen…

Ich denke so haben alle Kleidungsstücke ihre Geschichten, wie auch die Stoffstücke aus dem Kunstwerk von Franz West.

von Marina K.


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